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Übermäßiger Speichelfluss bei Kindern

Pädiatrische chronische Sialorrhoe

Wenn Säuglinge und Kleinkinder „sabbern“ oder spucken, ist dies in der Regel völlig normal und kein Grund zur Sorge: Als Teil ihrer Entwicklung müssen Kinder erst lernen, richtig zu schlucken. Dieser Entwicklungsschritt kann bis zum 4. Lebensjahr andauern. Sollte der vermehrte Speichelfluss danach nicht abnehmen, kann dies ein Anzeichen für Sialorrhoe sein. Die Medizin spricht bei unkontrollierbarem Speichelfluss aus dem Mund von Sialorrhoe oder Hypersalivation, welche durch verminderte Schluckfähigkeit und eher selten übermäßige Speichelproduktion bedingt sein kann. Dieses Symptom kann sowohl bei Erwachsenen als auch im Kindesalter auftreten. Bei Kindern wird dabei auch von Pädiatrischer Sialorrhoe gesprochen.

Die Ursachen für unkontrollierten Speichelfluss bei Kindern

Sialorrhoe bei Kindern ist keine primäre Erkrankung, sondern die Folgeerscheinung einer bestehenden Grunderkrankung. Häufig tritt übermäßiger Speichelfluss bei Kindern auf, die an einer Zerebralparese leiden (Raten zwischen 10 und 58 %). Verursacht wird dies durch eine frühkindliche Hirnschädigung vor bzw. bei der Geburt oder im Säuglingsalter, die sich in den ersten Lebensjahren an körperlichen Einschränkungen und / oder Intelligenzminderung bemerkbar macht. Je nach Ausprägung der Erkrankung leiden die betroffenen Kinder neben Bewegungsstörungen u. a. an Schluckschwierigkeiten und mangelnder Kontrolle über bestimmte Muskelgruppen im Mundbereich.

Andere neurologische Erkrankungen, wie schwere Schädel-Hirn-Verletzungen sowie eine Reihe von Entwicklungsstörungen können ebenfalls zu einer chronischen Sialorrhoe führen. Im Erwachsenenalter ist die häufigste Ursache für Sialorrhoe eine Vorerkrankung mit Morbus Parkinson.

Chronische Sialorrhoe bei Kindern: Medizinische und soziale Folgen im Überblick

Unkontrollierter Speichelfluss bei Kindern kann zu medizinischen Folgeerscheinungen führen, die genau beobachtet und behandelt werden sollten.

  • Gereizte, entzündete Haut: Der vermehrte Speichelfluss führt zu starken Hautreizungen, da die betroffenen Stellen ständig getrocknet werden müssen. Besonders betroffen sind hierbei Mund, Nacken und Brust.
  • Dehydration: Durch das stetige Abfließen des Speichels kann es zu Flüssigkeitsmangel kommen. Dies kann zu Kreislaufproblemen, Kopfschmerzen und Infektionen bei den Kindern führen.
  • Verschlucken: Der Speichel tropft häufig nicht nur aus dem Mund, sondern kann auch in die Atemwege verschluckt werden und damit zu fiebrigen Infekten, bis hin zu einer Lungenentzündung führen.
  • Erhöhter Pflegeaufwand: Der unkontrollierte Speichelfluss ist auch pflegeintensiv, durch ständiges Benässen von Lätzchen, Kleidern, Bettwäsche und Umgebung.

Neben den medizinischen Folgen kann der übermäßige Speichelfluss bei Kindern auch zu erheblichen sozialen Problemen führen.

  • Unterschätzte intellektuelle Fähigkeiten: In Folge der Sialorrhoe kann es bei Kindern und Jugendlichen auch zu Fehleinschätzungen der kognitiven Fähigkeiten kommen. Zwar können Entwicklungsstörungen und Zerebralparese auch mit einer Intelligenzminderung einhergehen, treten aber nicht zwangsläufig auf. Aus diesem Grund kann es zu einer Stigmatisierung der Erkrankten kommen: Unwissende setzen den vermehrten Speichelfluss bei Kindern mit geminderter Intelligenz gleich.
  • Wenige soziale Interaktionen: Der übermäßige Speichelfluss kann bei Kindern und Heranwachsenden zu Schamgefühl und abnehmenden sozialen Kontakten führen. Die Betroffenen werden von gleichaltrigen Kindern als andersartig wahrgenommen, vielleicht sogar gehänselt und ziehen sich daraufhin oftmals zurück.

Behandlungsmethoden bei Pädiatrischer Sialorrhoe

Der Umgang mit dem vermehrten Speichelfluss kann eine Herausforderung sein. Eine Behandlung von Kindern mit Sialorrhoe erfordert oftmals einen individuellen und schrittweisen Ansatz. Je nach Ausprägung der Symptome gibt es jedoch verschiedene Möglichkeiten, um Sialorrhoe bei Kindern – ähnlich wie auch eine Hypersalivation bei Erwachsenen – zu behandeln.

1. Einen vermehrten Speichelfluss abklären lassen

 Tritt ab einem Alter von 4 Jahren immer noch ein auffälliges Speicheln auf, sollte dies vom Kinderarzt oder nach Überweisung in einem spezialisierten, sozialpädiatrischen Zentrum abgeklärt werden. Das Speicheln kann Hinweis auf eine Fehlstellung von Kiefer oder Zähnen sein, die mit Spangen und Schienen behandelt werden können, oder aber mit einer Grunderkrankung zusammenhängen. Diese sollte zeitnah festgestellt werden.

2. Schluck- und Sprachtherapie für Kinder mit Sialorrhoe

Mit einer Schluck- und Sprachtherapie werden die Muskeln im Mund- und Gesichtsbereich trainiert. Dabei lernt das Kind, bewusster und häufiger zu schlucken. Mit dieser Therapieform können die Symptome oft verbessert werden.

3. Medikamentöse Therapie

Genügen therapeutische Übungen und ausgleichende Verhaltensmaßnahmen nicht, wird der behandelnde Arzt eine zusätzliche medikamentöse Therapie empfehlen. Als zugelassene verschreibungspflichtige Medikamente bei chronischer Sialorrhoe stehen Glycopyrronium und Botulinum Neurotoxin Typ A zur Verfügung.

Glycopyrronium kann als Saft verabreicht werden, wirkt aber nicht nur auf die Speicheldrüsen. Daher kann der Wirkstoff zu vielfältigen Nebenwirkungen führen und darf bei einigen Begleiterkrankungen und Symptomen nicht angewendet werden. Eine Behandlungszeit von mehr als 24 Wochen ist nicht untersucht worden. Eine fortgesetzte Anwendung sollte daher alle 3 Monate mit dem Arzt Ihres Kindes besprochen werden.

Botulinum Neurotoxin Typ A wird von spezialisierten Ärzten direkt in die Speicheldrüsen injiziert und kann dort die Speichelproduktion vermindern. 

Das Mittel wird je nach Körpergewicht (Minimum von 12 kg) individuell dosiert, in der Regel hält der Effekt bis zu vier Monate lang an und lässt ohne Wiederbehandlung vollständig nach. Wirkung und mögliche Nebenwirkungen wurden über mehrere Behandlungszyklen bis zu 64 Wochen untersucht. Es ist wichtig, dass Sie sich bei einer medikamentösen Behandlung immer von Ihrem Arzt über mögliche Nebenwirkungen aufklären lassen.

Parallel zur medikamentösen Therapie kann eine Schluck- und Sprachtherapie stattfinden.

4. Operationen

Ein operativer Eingriff, z. B. eine Verlegung der Ausführungsgänge der Speicheldrüsen oder die Entfernung von Teilen der Speicheldrüsen, kann für eine langfristige Besserung des übermäßigen Speichelflusses bei Kindern sorgen. Da ein solcher Eingriff aber nicht rückgängig zu machen ist und Narkoserisiken birgt, sollte er (gerade im Kindesalter) nicht die erste Maßnahme sein. Ein individueller und frühzeitig aufgesetzter Therapieplan kann die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs verhindern.

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